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Voser 1996 - Geometrische Anforderungen beim Datenaustausch german/deutsch
Voser, Stefan A. 1996
Anforderungen an die Geometrie zur gemeinsamen Nutzung unterschiedlicher Datenquellen,
4. deutsche Arc/Info-Anwender-Konferenz, März 1996, Freising.
S. 209-217, 9 Seiten, 4 Abb + 6 Tabellen
Abstract
Raumbezogene Daten bilden die Basis eines Geographischen-Informationssystems (GIS). Deren originäre Erfassung ist sehr aufwendig und teuer. Sie basiert i.A. auf unterschiedlichen Datenquellen und Felderhebungen. Sollen fremde Daten genutzt werden, müssen verschiedene Bedingungen eingehalten werden. Auf konzeptioneller Ebene sind dies Übereinstimmung in geometrischer und thematischer Modellbildung.
Zu den geometrischen Anforderungen gehören die Übereinstimmung in der geometrischen Modellierung wie Maßstab und geometrische  Auflösung sowie in den Qualitätsmerkmalen wie Genauigkeit.  Die erste Voraussetzung, welche erfüllt sein muß, um unterschiedliche  Datenquellen gemeinsam darzustellen, sind einheitliche geodätische Grundlagen. Der Raumbezug wird mathematisch durch Koordinaten hergestellt. Die Koordinaten sind abhängig von unterschiedlichen Bezugsflächen, deren Lagerung sowie den unterschiedlichen geometrischen Eigenschaften von Kartenprojektionen. Sollen Daten aus unterschiedlichen Bezugssystemen  zusammengeführt werden, müssen die Koordinaten zwischen den Systemen transformiert werden.
Im folgenden werden die wesentlichen geodätischen Grundlagen zusammenfassend dargestellt und ein Konzept zum  Koordinatenmanagement vorgestellt.
1. Einleitung
Die grundlegende Voraussetzung für den Nutzen von Geographischen Informationssystemen (GIS) ist erfüllt, wenn die richtigen Informationen zur Bearbeitung und Analyse vorliegen. In vielen Fällen ist man dabei auf Fremddaten angewiesen. Topographische Informationen werden als Grundlagen benötigt, um die eigens erhobenen Daten darin einzupassen. Amtliche Daten oder kommerzielle Datensätze werden für Analysen und Abfragen benötigt.
Zur Übernahme von Fremddaten müssen auf konzeptioneller Seite Geometrie und Thematik mit den eigenen Bedürfnissen übereinstimmen [Voser 95a]. Auf technischer Seite muß bei digitalen Daten das Austauschformat definiert sein. Auf organisatorischer Ebene sind die Arbeitsprozesse zur Einbindung in die eigene Anwendung und die Aufbereitung der Daten festzulegen. Die Schwierigkeit liegt in der Entscheidung, welche Geodaten in ihrer Charakteristik am Besten mit den eigenen Bedürfnissen übereinstimmen. Entscheidungen sind nur möglich, wenn Metainformationen über die zur Auswahl stehenden Datensätze vorliegen und möglicherweise Testdaten zur Verfügung stehen.
2. Anforderungen an die Geometrie
Es gibt eine Vielzahl geometrischer Anforderungen an die Daten, welche erfüllt sein sollten, damit eine Übernahme in Betracht gezogen werden kann. Es folgt eine Zusammenstellung geometrischer Gesichtspunkte, die bei der Evaluation von Geodaten zu überprüfen sind:
  • geographischer Raum
  • räumliche Ausdehnung
  • räumliche Dimension (2D oder 3D)
  • geodätisches Bezugssystem
  • Kartenprojektion
  • Maßstab
  • geometrische Repräsentation
  • geometrische Auflösung / Mindestgrößen
  • geometrische Genauigkeit
  • analog/digital
  • Vektor-/ Rasterdarstellung.
Jede Anwendung ist an einen geographischen Raum und die damit verbundene räumliche Ausdehnung geknüpft. Es stellt sich auch die Frage über die Form des Gebietes (Inselkarte oder Rahmenkarte). Die räumliche Dimension richtet sich danach, ob nur Lageinformationen (2- dimensional) genügen, ob die Höhe durch ein Geländemodell (21/2-dimensional) repräsentiert werden kann oder ob volle 3- dimensionale Ausprägung vorhanden sein muß. Das geodätische Bezugssystem liefert die mathematische und geometrische Grundlage, d. h. das Gerüst, in welchem die Geodaten beschrieben werden.
Ein entscheidendes geometrisches Charakteristikum einzelner Datenbestände ist der Maßstab, für den die Geodaten konzipiert worden sind. Der Maßstab beeinflußt die geometrische Auflösung, die Mindestgröße von Objekten, die damit verknüpfte geometrische Repräsentation (punkt-, linien-, oder flächenhaft) als unterschiedliche geometrische Primitive desselben Objektes. Die geometrische Genauigkeit ist ein Maß zur Beschreibung der Lagetreue eines Objektes.Der Umstand, ob ein Datenbestand analog oder digital vorliegt, entscheidet über die Methoden, mit denen die Daten in die eigene Anwendung integriert werden können.
3. Von der Erdoberfläche zur 2D-Lagedarstellung
Ein Großteil von Geodaten liegt in der traditionellen 2-dimensionalen Lagedarstellung vor. Es erfolgt nun eine Zusammenstellung grundlegender Begriffe und Arbeitsschritte bei der Reduktion und Abbildung der Erdoberfläche in die Ebene unter Verwendung von geodätischen Bezugssystemen mit dem zugehörigen geodätischen Datum und Kartenprojektion.
Die Mehrzahl der raumbezogenen Phänomene, welche mit Hilfe von GIS bearbeitet werden, befinden sich an der Erdoberfläche, oder sind Bestandteile der Erdkruste oder der Atmosphäre und grenzen an die Erdoberfläche. Das Interesse an der Lage räumlicher Objekte liegt in deren Bezug zur Erdoberfläche. Eine zentrale Aufgabe, mit der sich die Wissenschaftsgebiete Geodäsie und Kartographie beschäftigen, ist die Erfassung, Dokumentation und Darstellung von Oberflächenform, -größe, -gestalt und -beschaffenheit der Erdoberfläche.
3.1 Geodätische Grundlagen
Die Erdoberfläche ist eine komplexe, nicht stetige räumliche Fläche (Abb.1). Sie entspricht einer mathematisch nicht exakt beschreibbaren Fläche. In der Erdmessung versucht man mathematisch beschreibbare Bezugsflächen zu definieren, welche die Erdoberfläche bestmöglich approximieren. Traditionell erfolgt dabei eine Trennung von Lage- und Höheninformation.
Zur Beschreibung der Lage von Objekten verwendet man hierzu Kugel oder Rotationsellipsoid. Diese sind mathematisch relativ einfach definiert, besitzen in der Natur jedoch kein Äquivalent. Die Koordinaten auf dem Ellipsoid sind geographische (ellipsoidische) Länge lambda und Breite phi und ellipsoidische Höhe h (Abb. 2d). Für die Höhe verwendet man das Geoid, eine kartoffelförmige Oberfläche, welche die unterschiedliche Massenverteilung der Erde widerspiegelt. Die Höhe bezüglich dem Geoid heißt orthometrische Höhe H (Abb. 1) und entspricht annähernd der Gebrauchshöhen, welche man mit der Methode des Nivellements bestimmt. Das Geoid ist als Äquipotentialfläche der Schwere definiert und entspricht der mittleren Meeresoberfläche. Das Geoid kann geometrisch durch die Geoidundulation N als Abweichung vom Rotationsellipsoid beschrieben werden (Abb. 1).
Die Bezugsflächen werden in einem erdfesten Bezugssystem gelagert. Das erdfeste Bezugssystem wird durch den Schwerpunkt S der Erde, der Erdachse und der Richtung des Nullmeridian durch Greenwich festgelegt. Das geodätische Datum legt Größe, Form, Lage und Orientierung der Bezugsfläche fest. Die meisten Staaten erstellten unabhängig voneinander eigene Bezugssysteme für die Landesvermessung und besitzen somit ein eigenständiges geodätisches Datum (z.B. [Torge 75]).
Ellipsoidname
 
Große
Halbachse a [m]
Kleine
Halbachse b [m]
Abplattung
f = (a-b) / a
Bessel
1841
6377397.155
6356078.963
1:299.15
Internationales von Hayford
1928/ 1909
6378388
6356911.946
1:297.0
Krassowskij
1940
6378245
6356863.019
1:298.3
WGS 84
1984
6378137
6356752.31
1:298.26
Tabelle 3.1: Beispiele für Rotationsellispoide
Kugel- und Rotationsellipsoidoberfläche sind gekrümmte Flächen. Diese eignen sich in der Praxis nicht zur Beschreibung der Lage, da ihnen eine komplexe Metrik zugrunde liegt. Deshalb bildet man die Bezugsfläche mit Hilfe einer Kartenprojektion in die Ebene (x,y) ab. Man wählt dabei eine Abbildungsfläche, welche sich gut an die Bezugsfläche anschmiegt und sich verzerrungsfrei in der Ebene abrollen läßt. Es sind dies Zylinder, Kegel und Ebene. Die Kartenprojektion ist eine Abbildungsvorschrift zwischen Bezugsfläche und Abbildungsfläche, welche nicht verzerrungsfrei ist. Eine Kartenprojektion kann nicht gleichzeitig längen-, winkel- und flächentreu sein. Daraus resultiert eine Vielzahl von Kartenprojektionen mit eigener Charakteristika, welche die unterschiedlichen Anforderungen an die geometrischen Verzerrungen und die Abdeckung eines geographischen Raum erfüllen (Siehe z.B. [Snyder 87], [Hake/Grünreich 94], [Voser 95b]).
 
Welt
Hemisphäre
Kontinent
Regional
Mittlere Maßstäbe
Große Maßstäbe
konform
Mercator
transversale Mercator
schiefachsige Mercator
stereographische Projektion
Mercator
schiefachsige Mercator
Lambert Kegel
stereographisch Projektion
Lambert Kegel
Mercator
schiefachsige Mercator
transversale Mercator
stereographische Projektion
UTM
Lambert Kegel
transversale Mercator
schiefachsige Mercator
UPS
UTM
Lambert Kegel
Mercator
transversale Mercator
schiefachsige Mercator
UPS
UTM
flächentreu
(äquivalent)
Lambert, zyl.
Eckert IV,VI
Mollweide
Sinusoidal
Lambert azimutal
Albers Kegel
Bonne
Lambert azimutal
Sinusoidal
Albers Kegel
Lambert azimutal
Albers Kegel
 
äquidistant
Azimutal-
projektion
Azimutal- projektion
Azimutal- projektion
Azimutal- projektion
 
 
vermittelnd
Miller, zyl.
Robinson
 
 
 
 
 
Tabelle 3.2: Aufstellung von Kartenprojektionen nach Gebietsabdeckung und Abbildungseigenschaften
3.2 Die geometrischen Größen eines Punktes auf der Erdoberfläche
Ein Punkt an der Erdoberfläche läßt sich durch seine räumliche Lage (kartesische Koordinaten P3D(X,Y,Z) oder ellipsoidische Koordinaten P3D(lambda,phi,h)) und durch den Einfluß der Schwere beschreiben. Eine geometrische Komponente der Schwere ist die Lotrichtung. Die Lotrichtung wird durch astronomische Länge Lambda und Breite Phi beschrieben. Die Differenz zu den ellipsoidischen Koordinaten definiert die Lotabweichung (xi oder dLambda, eta oder dPhi). Die Form des Geoides kann durch die Geoidundulation beschrieben werden. Als praktische Größe ist die Orthometrische Höhe H jedoch zweckmäßiger. Die von der Schwere abhängigen Größen N(lambda,phi), xi(lambda,phi), eta(lambda,phi) sind physikalisch und mathematisch modellierbar und abhängig von deren Lage. Im Idealfall liegen für einen Punkt der Erdoberfläche 6 Größen vor, welche durch geodätische Messungen bestimmbar sind, z.B. P"6D"(X,Y,Z,Lambda,Phi,H). In vielen Fällen sind Punkte jedoch nur in 2- dimensionaler Form P2D(lambda,phi) oder in (2+1)- dimensionaler (auch 2 1/2D) Form  P"2+1"D(lambda,phi,H) vor. Dreidimensionale Punkte P3D(X,Y,Z) liegen vor, wenn diese z.B. mit Hilfe des Global Positioning System (GPS) gemessen worden sind.
3.3 Der Arbeitsfluß
Die Erdoberfläche ist eine komplexe dreidimensionale räumliche Fläche (Abb. 1, 2a). Die Bestimmung und Diskretisierung der Form erfolgt durch das Einmessen von Punkten. Für die Orientierung im Gelände unterscheidet man zwischen der Lage und der Höhe (Abb. 2b). Die Lage bezieht sich auf die von der jeweiligen Landesvermessung festgelegte, als Rotationsellipsoid ausgeprägte Bezugsfläche (geodätisches Datum, Abb. 2d). Die Reduktion der Lage auf der Erdoberfläche erfolgt entlang der Ellipsoidnormale als Helmert´sche Projektion. Als Produkt resultieren die ellipsoidischen Koordinaten, bestehend aus geographischer Länge, geographischer Breite und ellipsoidischer Höhe. Die ellipsoidischen Koordinaten desselben Punktes unterscheiden sich je nach verwendetem Ellipsoid. Aus den geographischen Koordinaten werden unter Verwendung der Ellipsoidparameter und der gewählten Kartenprojektion mit deren Parametrisierung 2-dimensionale Lagekoordinaten bestimmt (Abb. 2e). Zu erwähnen sind im deutschsprachigen Raum Gauß-Krüger-Koordinaten, UTM-Koordinaten, schweizerische Landeskoordinaten.  Zusammenfassend betrachtet sind Projektionskoordinaten ein Abbild der Erdoberfläche, wobei Höheninformation weggelassen werden, ein geodätisches Datum verwendet wird, und für die Abbildung vom Ellipsoid in die Ebene ein Kartenprojektion zugrunde liegt. Aus dem 3D-Raum erfolgt i.d.R. eine nicht (exakt) umkehrbare Abbildung in eine 2D-Ebene, weil Ungenauigkeiten der physikalischen und mathematischen Modelle einfließen und Vernachlässigungen hingenommen werden.
graphic
P3D(X,Y,Z)
graphic
P2D(x,y) + hell(x,y)
bei echten 3D-Koordinaten
graphic
P"2+1"D(lambda,phi,H)
graphic
P2D(x,y) + H(x,y)
bei 2 1/2D- Koordinaten
graphic
P2D(lambda,phi)
graphic
P2D(x,y)
bei 2D-Koordinaten
Abb. 1: Topographie, Geoid und Ellipsoid
graphic
Abb.2: Von der Erdoberfläche zu zweidimensionalen Lagekoordinaten
graphic
4. Georeferenzierung von Lagekoordinaten unterschiedlicher Herkunft.
Lagekoordinaten von Geodaten sind i.d.R. in einem ebenen und metrischen Koordinatensystem definiert. Die Ausnahme bilden geographische Koordinaten (lambda,phi), welche einer mathematischen, räumlichen Richtung entsprechen. Zu den metrischen 2D-Koordinaten gehören:
  • mathematisches rechtwinkliges Koordinatensystem oder Polarkoordinaten
  • geodätisches ebenes Koordinatensystem: ebene Landeskoordinaten
  • örtliches (lokales) Koordinatensystem
  • Kartenblattkoordinaten
  • Bildkoordinaten
  • Digitalisiertischkoordinaten
  • Bildschirmkoordinaten.
Beim Prozeß der Georeferenzierung liegen die Geodaten oft in einem lokalen Koordinatensystem vor. In einem ersten Schritt sind diese in ebene Projektionskoordinaten zu transformieren (Abb. 3a).  Ist die Kartenprojektion mit Parametrisierung bekannt, kann die Umrechnung auf die Bezugsfläche erfolgen (Abb. 3b). Beim Zusammenführen von Geodaten unterschiedlicher geodätischer Bezugssysteme ist eine Datumstransformation erforderlich (Abb. 3c).
4.1 Die Einpassung lokaler Koordinaten in Projektionskoordinaten
Die ebene Transformation zwischen zwei Koordinatensystemen kann an eine Vielzahl von Bedingungen geknüpft sein. Wie bei Kartenprojektionen treten unterschiedliche Verzerrungen auf. Geometrische Bedingungen können sein:
  • Geradentreue
  • Parallelentreue
  • Winkeltreue
  • Flächentreue
  • Längentreue
  • Kreistreue
  • ausgewählte Punkte müssen definierte Koordinaten erhalten
Transforma-
tionsart
Geraden-
treue
Parallele-
treue
Winkel-
treue
Flächen-
treue
Längen-
treue
Kreis-
treue
Maßstab
benötigte Punkte*
projektiv
x
o
o
o
o
o
 
4
affin
x
x
o
o
o
o
m1, m2.
3
ähnlich
x
x
x
o
o
o
1
2
krummlinig
o
o
o
o
o
o
 
n
 
 
 
 
 
 
 
* Ohne Überbestimmung
Komponenten der Ähnlichkeitstransformation
Transforma-
tionsart
Geraden-
treue
Parallele-
treue
Winkel-
treue
Flächen-
treue
Längen-
treue
Kreis-
treue
Maßstab
benötigte Punkte*
Translation
x
x
x
x
x
x
1
1
Rotation
x
x
x
x
x
x
1
2
Streckung
x
x
x
o
o
o
m
2
 
 
 
 
 
 
 
* Ohne Überbestimmung
Tabelle 3: Auswahl von geometrischen 2D-Transformationen und deren Eigenschaften
Für die Transformation lokaler Koordinaten in Projektionskoordinaten wird i.d.R. Geradentreue, Parallelentreue, und Winkeltreue angestrebt. Die Ähnlichkeitstransformation, auch als Helmerttransformation bekannt, hat diese Eigenschaften. Sie besteht aus zwei Translationen, einer Rotation und einer Strekung.  Ist bekannt, daß Pläne und Karten infolge von Alterung und Feuchtigkeit einen Verzug besitzen, so wird die Affintransformation angewendet. Ein Verzug läßt sich beschreiben durch zwei Hauptmaßstäbe und die Verscherung (Maß der Winkelverzerrung). Es entspricht der Abweichung des Abbildes der Ursprungskoordinatenachsen vom Rechten Winkel. Dazu gehören noch zwei Translationen und eine Rotation. Transformationen erfolgen i.d.R. unter Zuhilfenahme von Paßpunkten. Dies sind Punkte, die in beiden Systemen bekannt sind. Als Paßpunkte werden verwendet:
  • geodätische Festpunkte
  • Koordinatengitterpunkte (Punkte runder Koordinatenwerte der Projektionskoordinaten)
  • Kartennetzpunkte (Punkte mit bekannter geographischer Länge und Breite)
  • natürliche charakteristische Punkte (Straßenkreuzungen, Flußmündungen ...)
Liegen die Koordinatengitter- und Kartennetzpunkte oder -linien digital vor, läßt sich der Transformationsprozeß teilweise automatisieren. Sind die Punkte nicht explizit vorhanden, so lassen sie sich als Linienschnittpunkte extrahieren. Durch Zuweisen der originalen Koordiantenwerte zu Koordinatengitterpunkte erhält man direkt die Paßpunkte in Projektionskoordinaten (Abb. 4a). Bei Kartennetzpunkten erhält man Punkte auf dem zugehörigen Ellipsoid in geographischer Länge und Breite. Durch die Kenntnis der Kartenprojektion lassen sich diese ebenfalls in Projektionskoordinaten projizieren (Abb. 4b).
4.2 Zugrundeliegende Kartenprojektion
Jede Karte ist einer Kartenprojektion, und damit den zugehörigen metrischen Verzerrungseigenschaften unterworfen. Sind diese Informationen nicht bekannt, ist eine metrische Interpretation nicht möglich. Einem guten Kartenwerk oder Geodatensatz ist die Information über die Kartenprojektion somit beigeführt. Bei vielen analogen Karten ist diese Information nicht oder unvollständig vorhanden, teils aus Fahrlässigkeit oder aus strategischen Gründen.
Sind alle Parameter einer Kartenprojektion bekannt, ist eine numerische Umprojektion sehr einfach und entspricht dem Idealfall.  Fehlen die Projektionsparameter, so sind Näherungsverfahren anzuwenden. Ist das Kartennetz vorhanden, können Näherungsverfahren verwendet werden, wie z.B. Lagrange- und Spline- Interpolationen [Brandenberger 85].
4.3 Datumstransformationen
Eine Datumstransformation überführt die Geometrie von einem Bezugssystem zum nächsten. Es erfolgt eine Berücksichtigung der Lage, Orientierung und Größe der Bezugsellipsoide. Die Parametrisierung von Datumstransformationen erfolgt im räumlich-kartesischen Raum. Die folgenden zwei Verfahren werden dabei verwendet:
  • räumliche Ähnlichkeitstransformation (Helmert- Transformation, Bursa-Wolf-Methode, 7- Parameter_Transformation; 3 Verschiebungen, 3 Drehungen, 1 Maßstab)
  • räumliche Translation (Molodensky, 3-Parameter- Transformation; 3 Verschiebungen)

Der exakte mathematische Weg der Datumstransformation ist die Umwandlung von ellipsoidischen Koordinaten in räumlich kartesische. Diese kartesischen Koordinaten werden der räumlichen Datumstransformation vom Koordinatensystem mit Nullpunkt O1 ins System mit Nullpunkt O2 unterworfen.
Die Datumstransformation erfolgt anhand der im Raum verteilten Paßpunkte. Diese werden in ellipsoidische Koordinaten umgewandelt (Fall I). Zu beachten ist hierbei, daß die ellipsoidischen Höhen h jeweils von der Lagerung, Form und Orientierung des Ellipsoides abhängen und nicht identisch sind. Die Transformation erfolgt ohne Verlust geometrischer Informationen. Sind die ellipsoidischen Höhen h nicht bekannt, jedoch Gebrauchshöhen H, kann das selbe Verfahren verwendet werden (Fall II). Dabei ist bei den transformierten Höhen Vorsicht geboten. Z.B. würden sich so die Höhen eines mittransformierten Geländemodelles ändern. Im klassischen Fall, d.h. es liegen nur Lageinformationen vor (Fall III), wird die Transformation anhand der Fußpunkte auf dem Ellipsoid, welche in räumliche kartesische Koordinaten transformiert werden, vorgenommen.
(I)
P3D(lambdaO1,phiO1,hO1
graphic
P3D(XO1,YO1,ZO1)
graphic
P3D(XO2,YO2,ZO2)
graphic
P3D(lambdaO2,phiO2,hO2)
 
 
 
 
 
 
 
wobei hO1 <> hO2
(II)
P3D(lambdaO1,phiO1,HO1)
graphic
P3D(XO1,YO1,ZO1)
graphic
P3D(XO2,YO2,ZO2)
graphic
P3D(lambdaO2,phiO2,HO2)
 
 
 
 
 
 
 
wobei HO1 <> HO2
(III)
P3D(lambdaO1,phiO1,0) 
graphic
P3D(XO1,YO1,ZO1)
graphic
P3D(XO2,YO2,ZO2)
graphic
P3D(lambdaO2,phiO2,0)
 
 
 
 
 
 
 
H wird übernommen

Die Bestimmung des geodätischen Datums ist eine hoheitliche Aufgabe, und die exakten Parameter werden in vielen Fällen aus strategischen Gründen nicht veröffentlicht.
Bezugssystem
Deutschland/ DHDN1
ehem. DDR
militärisch /Nato
ETRS89/DREF91
Ellipsoid
Bessel
Krassowskij
International 1909
GRS802
Datum
Potsdam Datum83
Rauenberg
System 42/83
Pulkow
Europäisches Datum ED50
ETRF89
Projektion
Gauß-Krüger- Koordinaten in 3°- breiten Meridian- streifen
Gauß-Krüger- Koordinaten in 6°- breiten Meridian- streifen
UTM
in 6°-breiten Meridianstreifen
UTM
in 6°-breiten Meridianstreifen
1 DHDN - Deutsches HauptDreiecksnetz;
2 Geodetic Reference System 80-Ellipsoid; stimmt bis auf Millimeter mit dem WGS-84 -Ellipsoid überein
Tabelle 4: Die geodätischen Bezugssysteme in Deutschland
Abb.3: Prozesse der Georeferenzierung zur Homogenisierung des Koordinatensystems
graphic
Abb. 4: Georeferenzierung lokaler Koordinaten
graphic
5. Vorschlag für Kartenprojektionen
Die Verwendung von Kartenprojektionen hängt von der jeweiligen Anwendung und den Anforderungen an die geometrischen Verzerrungen ab. Tabelle 2 zeigt eine Auswahl von Kartenprojektionen. In großmaßstäbigen Anwendungen (z.B. Grundbuch, Leitungskataster) und bei mittleren Maßstäben (z.B. topographische Karten) und bei der Navigation werden winkeltreue Kartenprojektionen verwendet. Für kleinmaßstäbige Karten der thematischen Kartographie, werden mehrheitlich äquidistante und flächentreue Projektionen verwendet. Es ist von Vorteil, wenn dabei dieselben (maßstabsabhängigen) Projektionsparameter der amtlichen und internationalen Kartenwerke verwendet werden, um die Übernahme und das Zusammenführen von Geodaten zu vereinfachen. Tabelle 5 zeigt einen Vorschlag für die Verwendung von Kartenprojektionen für  unterschiedlicher Maßstäbe.
Maßstabsbereich
Projektion
große Maßstäbe
  • Gauß-Krüger-Koordinaten= transversale Mercator (D, A)
  • schiefachsige Mercator- Projektion (CH)
mittlere Maßstäbe
  • Gauß-Krüger-Koordinaten= transversale Mercator (D, A)
  • schiefachsige Mercator- Projektion (CH)
kleine Maßstäbe
 
 
Region
/Länder
  • Flächentreue Kegelabbildung von Albers
  • Flächentreue Azimutalabbildung von Lambert (polare Gebiete)
 
Kontinent
  • Flächentreue Kegelabbildung von Albers
  • Flächentreue Azimutalabbildung von Lambert (polare Gebiete)
 
Hemisphäre
  • Flächentreue Azimutalabbildung von Lambert
 
Welt
  • Eckert (IV, VI)
  • Hammer-Aitoff
  • Mollweide
  • Sinusoidal
Tabelle 5: Vorschlag für Kartenprojektionen [Voser 95b]
6. Datenverwaltung in einem einheitlichen Bezugssystem
In den Kapiteln 3 und 4 sind die Grundlagen und Transformationsschritte zum Herstellen eines einheitlichen Bezugssystemes zusammenfassend dargestellt. Es ist noch zu klären, in welchen  Koordinaten die Lageinformationen verwaltet werden sollen. Da jede Projektion zu Verzerrungen führt, und innerhalb von Kartenwerken unterschiedliche Parametrisierungen und unterschiedliche Projektionen verwendet werden, empfiehlt es sich, alle Geodaten in geographische Koordinaten zu verwalten. Tabelle 6 zeigt eine Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen geographischer Koordinaten.
Vorteile
Nachteile
  • weltweit einheitliche Koordinaten
  • keinen Projektionsstreifen zugehörig
  • geogr. Koordinaten sind Ausgangskoordinaten für jede Kartenprojektion
  • metrikunabhängig (Positionsangabe als räumlich Richtung gegeben)
  • unterliegen keiner Kartenprojektion
  • "verzerrungsfrei" (keine Projektionsverzerrungen durch einen Kartennetzentwurf)
  • Umrechnung in gewünschte Projektion einfach automatisierbar
  • Darstellungsunabhängig, d.h. keine Ungewissheit, welche Verzerrungseigenschaften der zugehörigen Projektion zugrundeliegen
  • Anwendungsunabhängig, da keine metrischen Bedingungen zugrundeliegen
  • Kenntnis der geodätischen Grundlagen und Kartenprojektion für jede Datengrundlage erforderlich
  • Sehr aufwendig Transformation, wenn die Transformationsparameter nicht bekannt sind 
  • Erlauben keine direkte Ableitung metrischer Infor mationen wie Distanzen oder Flächeninhalte
  • Bei jeder Betrachtung ist vorher eine Projektion festzulegen (dies jedoch automatisierbar)
  • in geogr. Koordinaten können keine Mindestgrößen definiert werden; d.h. die Koordinatenwerte sind nicht direkt interpretierbar
WICHTIG!
Geographische Koordinaten beziehen sich stets auf ein Ellipsoid mit zugehörigem geodätischem Datum!
Tabelle 6: Vor- und Nachteile geographischer Koordinaten als einheitliche Koordinaten
7. Schlußbetrachtung
Das Zusammenführen von Geodaten unterschiedlicher Herkunft zur gemeinsamen Nutzung verlangt einheitliche geometrische Grundlagen. Die Grundlagen hierfür sind die geodätischen Bezugssysteme. Für die Lageinformation wird als Bezugsfläche ein Rotationsellipsoid mit zugehörigen geodätischen Datum verwendet. Für die Höhe wird als Bezugsfläche das Geoid verwendet. Die Abbildung der Lage vom Ellipsoid in die Ebene erfolgt mit Hilfe unterschiedlicher Kartenprojektionen.
Beim Prozeß der Georeferenzierung sind infolge der unterschiedlichen geometrischen Grundlagen Koordinatentransformationen notwendig. Es sind dies ebene Transformationen zum Einpassen ebener Koordinaten in übergeordnete Koordinatensysteme, geodätische Datumstransformationen sowie Kartenprojektionen zum Umwandeln von ebene Koordinaten in geographische Koordinaten und vice versa.
Referenzen
Brandenberger 85 - Brandenberger, Christoph G.; Koordinatentransformation für digitale kartographische Daten mit Lagrange- und Splineinterpolation; Institut für Kartographie, ETH Zürich.
Hake/Grünreich 94 - Hake, G.; Grünreich, D.; Kartographie, 7.Auflage, Walter de Gruyter Verlag, Berlin, 1994.
Heck 87 - Heck, Bernhard; Rechenverfahren und Auswertemodelle der Landesvermessung; Herbert Wichmann Verlag, Karlsruhe, 1987
Snyder 87 - Snyder, John P.; Map Projections - A working manual; U.S. Geological Survey Professional Paper 1395; Washington 1987
Torge 75 - Torge, Wolfgang; Geodäsie; Walter de Gruyter Verlag, Berlin 1975.
Voser 95a - Voser, Stefan A.; Datenaustausch zwischen Geo-Informationssystemen - Abbildung zwischen zwei Datenmodellen auf konzeptioneller und logischer Ebene; 3. deutsches. Arc/Info- Anwendertreffen, 1995.
Voser 95 b - Voser, Stefan A.; Geodätische Bezugssysteme - Teil 1, Geodätische Grundlagen; 1. Zwischenbericht zu "Untersuchung über die Nutzungsmöglichkeiten verschiedener geodätischer Bezugssysteme für Geo-Informationssysteme des Naturschutzes", F+E-Vorhaben 808 01 135, Bundesamt für Naturschutz, Bonn; unveröffentlicht.
Voser 96 - Voser, Stefan A.; Geodätische Bezugssysteme - Teil 2, geometrische Transformationen; 2. Zwischenbericht zu "Untersuchung über die Nutzungsmöglichkeiten verschiedener geodätischer Bezugssysteme für Geo-Informationssysteme des Naturschutzes", F+E-Vorhaben 808 01 135, Bundesamt für Naturschutz, Bonn; unveröffentlicht.